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Wozu lernt man Informatik?

Einleitung

Übergeordnetes Ziel des Informatikunterrichts ist es, Schülerinnen und Schüler bestmöglich auf ein Leben in einer Gesellschaft vorzubereiten, die immer mehr durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich geprägt ist. Dabei steht die produktunabhängige Auseinandersetzung mit dem Aufbau und der Funktionsweise von - meistens vernetzten - Informatiksystemen im Mittelpunkt. Die Lernenden erwerben erste Einblicke in Techniken der Modellierung und Implementierung. Eine solche differenzierte Auseinandersetzung hilft den Schülerinnen und Schülern, sowohl Möglichkeiten und Chancen als auch Risiken und Gefahren von Informations- und Kommunikationstechnologien zu erkennen und sachgerecht damit umzugehen.

Die Kernaufgabe des Unterrichts besteht in der Herausbildung fachbezogener Kompetenzen (vgl. Rahmenlehrplan für die gymnasiale Oberstufe Berlin).

Im folgenden wird exemplarisch aufgezeigt, wie unsere Schülerinnen und Schüler die im Rahmenplan beschriebenen Kompetenzen erlangen können:

Informatisches Modellieren - Modelle erstellen und bewerten

Ein wesentlicher Aspekt des Informatikunterrichts ist das Modellieren. Die Schülerinnen und Schüler lernen, eine Problemsituation zu analysieren und ein den Anforderungen entsprechendes Modell zu erstellen und auf den in der Schule vorhandenen Informatiksystemen zu implementieren. Sie erkennen, dass jedes Informatiksystem durch Modellierung eines Weltausschnitts entsteht und dass Modelle Grenzen haben, da sie immer die Realität vereinfachen. Die Begegnung mit unterschiedlichen Modellierungstechniken kann helfen, auch außerhalb des Informatikunterrichts die Strukturierung und Beherrschung großer komplexer Sachverhalte zu ermöglichen.

Durch den Entwurf, die Entwicklung und die Erprobung von Informatiksystemen fördert der Informatikunterricht kreatives und konstruktives Lernen. Die Implementierung mit einer formalen Programmiersprache erfordert exaktes Arbeiten, da schon der kleinste Fehler das komplette Programmsystem funktionsuntüchtig macht. Programmieren verlangt die Gliederung komplexer Probleme in einfacher zu lösende Teilprobleme. Schließlich muss das fertige Programm getestet werden. Dabei setzen sich die Lernenden kritisch und distanziert mit ihren eigenen Arbeitsergebnissen auseinander.

Datenbankmodell und Implementierungsbeispiel aus dem Software-Projekt des Leistungskurses zur BVV-Wahl 2011:

ERM Datenbanken

Quelltext BVV-Wahl in PHP

 

Mit Information umgehen - Information in Form von Daten darstellen und verarbeiten

Zur Lösung informatischer Probleme benötigen die Schülerinnen und Schüler grundlegende Methoden und Strategien zur Beschaffung, Bearbeitung, Strukturierung, Aufbewahrung, Wiederverwendung, Präsentation, Interpretation und Bewertung von Informationen. Beispielsweise verlangt effizientes Programmieren eine gezielte Nutzung von Bibliotheksfunktionen. Die "passende" Funktion muss in einer großen Softwarebibliothek gefunden werden, die - häufig englischsprachige - Dokumentation ist angemessen zu interpretieren, bevor die Funktion syntaktisch und semantisch richtig in das eigene Programmsystem eingebaut werden kann.

Anwendung der Klasse ArrayList aus der Java-Klassenbibliothek in einem Projekt zur Verwaltung von Immobilien:

 

Informatiksysteme verstehen - Wirkprinzipien kennen und anwenden

Durch die Vielfalt der behandelten Prinzipien, Sprachen, Werkzeuge, Verfahren und Algorithmen aus der Fachwissenschaft Informatik begreifen die Schülerinnen und Schüler die Funktionsweise unterschiedlicher Informatiksysteme. Exemplarisch sind hier zwei Beispiele aus dem Themenfeld "Sprachen und Automaten" dargestellt. In der Informatik werden Sprachen durch Grammatiken formalisiert. Automaten sind in vielen Ausprägungen Teil der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler.

Ein endlicher Automat am Beispiel von Gensequenzen

Die DNA lässt sich als Zeichenkette über dem festen Alphabet aus den Zeichen A, C , G und T aufbauen. Ein endlicher Automat zur Musterkennung soll überprüfen, ob ein Wort die Zeichenkette "GAT" oder "ATA" enthält (Quelle: Walter Gussmann, Paul-Natorp-Oberschule Berlin)

Endlicher Automat

Die Grammatik einer formalen Sprache am Beispiel von arithmetischen Termen

N = { Term, Summand, Faktor, Zahl, Ziffer }
T = { '+','-','*','/','(',')','0','1', .. ,'9'}
s = Term

Produktionsregeln in EBNF-Form:
Term = [Vz] Summand | [Vz] Summand AddOp Term .
Summand = Faktor | Faktor MulOp Summand .
Faktor = Zahl | '(' Term ')' .
Zahl = Ziffer | Ziffer Zahl .
Ziffer = '0' | '1'| .. | '9' .
Vz = '+'|'-' .
AddOp = '+'|'-' .
MulOp = '*'|'/' .

Syntaxbaum für den Ausdruck (2+3)+2*3:

Syntaxbaum

 

 

 

Kommunizieren und Kooperieren - Teamarbeit organisieren und koordinieren

Insbesondere in regelmäßiger Projektarbeit erleben die Schülerinnen und Schüler, dass Teamarbeit bei der Erstellung von Informatiksystemen zwingend erforderlich ist. Jeder Einzelne tritt durch seine spezifischen Stärken für das Gelingen des Gesamtsystems ein. Arbeitsergebnisse müssen ständig kommuniziert, dokumentiert und präsentiert werden. Der Einsatz von Lernplattformen (z. B Moodle, iServ) fördert die selbständige Organisation der Projektarbeit.

Durch die Verwendung freier und offener Software vermittelt der Unterricht ein differenziertes Technikverständnis. Der Informatikunterricht ist keine Produktschulung. Wir vermeiden es, dass Schülerinnen und Schüler mit proprietärer Software arbeiten müssen, die sie sich aus wirtschaftlichen Gründen nicht legal beschaffen können. Neben den Kosten spielt gerade in der Schule die Freiheit der Software eine wichtige Rolle: Der Quellcode der eingesetzten Anwendungen sowie die Datenformate sollten frei zugänglich und veränderbar sein.

Im Unterricht eingesetzte freie und offene Software: Linux, Java, PHP, Java Script, MySQL u.v.m.

Wechselwirkungen zwischen Informatiksystemen, Mensch und Gesellschaft beurteilen - Anwendungen erfassen und Auswirkungen abschätzen

Jugendliche nutzen das Internet sehr stark in der Freizeit, insbesondere zur Kommunikation und zur Selbstdarstellung in sozialen Netzen. Im Informatikunterricht können die damit verbundenen Gefahren und Risiken untersucht werden, z. B. die Sammlung von persönlichen Daten durch verschiedene Interessengruppen oder Cybermobbing. Aber auch die positiven Seiten der "Netzcommunitys", wie interessante eigene Profile, Weblogs oder gut zusammengestellte öffentliche Bookmarklisten können thematisiert werden. Die Erstellung und Gestaltung eigener Internetseiten und die daraus resultierenden Rechte an Texte, Bildern usw. führen zu rechtlichen Aspekten in der Nutzung von Informatiksystemen. Aber auch die Funktionsweise und Auswirkungen von Data Mining werden thematisiert.